Wilhelmine (Minna) Gräfin von Luckner geb. Gräfin von Reichenbach-Lessonitz

 

Amalie Wilhelmine Emilie (Minna) Gräfin v. Reichenbach-Lessonitz verheiratet mit Wilhelm Graf von Luckner.

Wilhelmine (Minna) war die Schwester meiner Ururgroßmutter Helene Freifrau von Fabrice, geb. Gräfin von Reichenbach-Lessonitz.

Siehe auch den Bericht auf dieser website.

Amalie Wilhelmine (Minna) Gräfin von Reichenbach-Lessonitz wurde am 31. Dezember 1816 in Kassel geboren.

Das Stadtschloss in Kassel

Ihre Eltern waren der Kurfürst Wilhelm II. von Hessen-Kassel (1777-1847) und seine in morganatischer zweiter Ehe am 8.7.1841 auf Schloss Bisenz bei Brünn angetraute Ehefrau Emilie Gräfin von Reichenbach-Lessonitz, geb. Ortlepp (1791-1843).

Kurfürst Wilhelm II. von Hessen-Kassel Bildarchiv Marburg
Emilie Gräfin Reichenbach-Lessonitz, zweite Ehefrau des Kurfürsten

Als junge Frau lebte Amalie Wilhelmine mit Eltern und Geschwistern den Sommer über in Baden-Baden in einer Villa an der Lichtenthaler Allee Nr. 6, die ihre Mutter Emilie erworben hatte (heute Sitz eines Internationalen Clubs, der Rennen für die Iffezheimer Pferderennbahn organisiert).

Schloss Wilhelmshöhe in Kassel

Der feste Wohnort aber war Schloss Wilhelmshöhe in Kassel, wo auch meine Ururgroßmutter Helene geboren wurde.

In dieser sommerlichen und gesellschaftlich aktiven Zeit in Baden-Baden lernte Minna um 1834 den 1805 in Plön geborenen Johann Heinrich Wilhelm Graf von Luckner kennen, der seit 1828 Attaché an der dänischen Botschaft in Paris war.

Während der Rennwochen war er in Baden-Baden ständiger Gast im „Englischen Hof“. Dort traf sich die Gesellschaft, und Amalie und Wilhelm kamen sich in dieser Zeit näher.

Der Charme und die Lebensfreude dieses gut aussehenden, stattlichen Aristokraten scheinen bestechend gewirkt zu haben,

Wilhelm Graf von Luckner

 

denn am 17. September 1836 fand die Trauung der 20jährigen Minna, „einer starken, kleinen und originellen Dame“ mit dem 31jährigen Wilhelm in Baden-Baden statt. Hier wurde auch am 1.1.1838 ihr erster Sohn Nikolaus Alfred Arthur geboren.

Minnas  Mann war nach wie vor in Paris tätig und genoss dort, weit weg von seiner in Baden-Baden verbliebenen Frau, das Leben in dieser Stadt „bei Tag und bei Nacht“, so wurde berichtet.

Nach einer längeren, deswegen geführten Aussprache mit seiner Ehefrau, entschloss er sich, diese Annehmlichkeiten nicht aufgeben zu wollen. Somit lieferte er 1839 den Grund zur Scheidung.

Graf von Luckner wurde im selben Jahr zum dänischen Generalbevollmächtigten ad interim nach Lissabon berufen; ab 1841 war er ständiger Generalbevollmächtigter in Portugals Hauptstadt.

Minna, als begehrenswerte, junge und hübsche  Tochter des Kurfürsten Wilhelm II. von Hessen-Kassel und vor allem nicht unvermögend, lernte Karl Hermann Freiherr von Watzdorf kennen, mit dem sie sich 1840 in Dresden vermählte und ihm drei Söhne gebar.

1841 kaufte Amalie Wilhelmina, unsere Minna,  nun  Freifrau von Watzdorf,  das Rittergut Altfranken vom Ritt- und Postmeister Karl Moritz von Wolfersdorf (1792-1866).

Nach dem Tod ihrer Mutter Emilie Gräfin von Reichenbach-Lessonitz 1843 reisten die Schwestern von Minna, Louise und Helene, auf Besuch nach Dresden und lernen hier bei gesellschaftlichen Empfängen ihre späteren Ehemänner kennen (siehe auch den Beitrag von Helene und Oswald v. Fabrice auf dieser Website, sowie Alfred Graf von Fabrice).

Helene heiratete 1844 in Dresden August Friedrich Oswald Freiherr von Fabrice (8.1.1820-3.6.1898), Bruder des späteren Königl. Sächs. Staats-und Kriegsministers Georg Friedrich Alfred Graf von Fabrice (23.5.1818-25.3.1891)

Oswald Freiherr von Fabrice und Helene, geb. Gräfin von Reichenbach-Lessonitz
Alfred Graf von Fabrice

Louise hingegen  heiratete ein Jahr später in Baden-Baden Carl August Reichsgraf von Bose (7.11.1814 –  25.12.1887). Dieser war ein Vetter von Anna von Fabrice, geb. Gräfin von der Asseburg.

Währenddessen schien das Glück Minna verlassen zu haben, denn am 5.12.1846 starb überraschend mit 39 Jahren ihr  zweiter Ehemann Karl Hermann Freiherr von Watzdorf.

Inzwischen war Wilhelm Graf Luckner  1845  dänischer Kammerherr geworden;  er gab allerdings ein Jahr später  seine dänische diplomatische Laufbahn auf und wurde Kammerherr am Königl. Sächs. Hof in Dresden.

Hier umwarb er wieder seine erste Frau. Nachdem sein ehemaliger Schwiegervater, Kurfürst Wilhelm II. von Hessen-Kassel, seine Zustimmung gegeben hatte, die Tochter ein zweites Mal heiraten zu dürfen, schlossen am 21. Dezember 1847 Wilhelm Graf von Luckner und Amalie „Minna“, verwitwete  Freifrau von Watzdorf, erneut die Ehe. Sie soll damals gesagt haben, “er sei doch das Beste, wenn auch ein kleines Luderchen“.

Obwohl vom Elternhaus her selbst finanziell gut gestellt, kam Graf Luckner durch Amalie zu einem beträchtlichen Vermögen; denn diese war, wie ihre anderen 7 Geschwister, von ihrer Mutter  mit je ca. 2 Millionen Thaler als Erbschaft bedacht worden.

Mit dem gemeinsamen Vermögen wollte sich Wilhelm den Wunsch eines eigenen Schlosses am Dresdner Elbhang durch den Umbau des ehemaligen Palais Findlater verwirklichen. Für die Planungen gewann er den damaligen Stararchitekten Carl Alexander von Heideloff (1789-1865), den er aus seiner Zeit in Lissabon kannte, wo dieser für den portugiesischen König tätig war.

Im Februar 1849 begannen die Umbauarbeiten am Palais, wurden aber im Mai bereits wieder eingestellt, da die im Vorjahr in Frankfurt/Main begonnenen revolutionären Ereignisse nun auch in Dresden angekommen waren. Graf Luckner verlor dadurch viel Geld und bekam einen Schock, von dem er sich nach Meinung der Ärzte nicht erholen würde.

Seine hochschwangere Frau benötigte kein „Schloss“, und deshalb verkaufte sie das Grundstück mit der Palais-Bauruine an Ernestine von Stockhausen, der Ehefrau des Hofmarschalls von Prinz Albrecht von Preußen.

Am 2. Juni 1849 kam der zweite Sohn des Grafen, Nikolaus Alfred Felix Graf v. Luckner, zur Welt. Weil dieser später in roten Kutschen fuhr und seine Diener in rote Livreen gekleidet waren, erhielt er vom Volk den Beinamen „Der rote Graf“.

Der  Wunsch nach einem eigenen Schloss war – trotz des finanziellen Einbruchs – geblieben, und Wilhelm suchte nun einen neuen Standort.  Gefunden wurde dieser auf den Flächen des von seiner Frau Minna gekauften Rittergutes in Altfranken, westlich von Dresden.

Am 12.9.1852 wurde das Bauwerk mit der Weihe der privaten Schlosskapelle abgeschlossen. Gleichzeitig mit dem Schlossbau wurde auf dem Friedhof Pesterwitz der Bau eines Familienmausoleums beantragt, welches jedoch erst 1859 fertig gestellt wurde.

Im Schloss richtete Wilhelm Graf von Luckner eine umfangreiche Kunstsammlung mit historischen Waffen und Rüstungen, Schweizer Glasmalereien, wertvollen Majoliken sowie mit Gemälden Alter und Neuer Meister ein.

1856 beauftragte er den Maler Otto Mayer ihn mit seiner Gattin Amalie „Minna“  in einer Kutsche mit dem Schloss im Hintergrund darzustellen.

Schloss Altfranken bei Dresden

 

Lange konnte seine Frau als Schlossherrin das Leben darin nicht genießen, denn am 28.Juli 1858 starb sie mit nur 41 Jahren und wurde als erste 1859 in der Familiengruft bestattet.

Der jüngste Sohn Felix kam in die Obhut der Schwester seiner Mutter,  der Gräfin Bose nach Baden-Baden und wurde deren Lieblingsneffe, während der Vater das Leben wieder in vollen Zügen genoss.

Am 12.11.1864 starb der erstgeborene Sohn Nikolaus Arthur an Nervenfieber. Sein Tod ging dem Vater sehr nahe, er fiel in geistige Umnachtung und erschoss sich am 19. Februar 1865 im Schloss.

Nikolaus Arthur und Heinrich Wilhelm Graf von Luckner wurden beide im Familienmausoleum beigesetzt.

Leider verfiel das Schloss später jedoch immer mehr. Der schlechte Bauzustand wurde 1939 von den Nazis zum Anlass genommen, das Gebäude von den Luckner-Erben zu erwerben und abzureißen. Schloss Altfranken wurde wegen seiner architektonischen Gestaltung im englischen Tudorstil als “undeutscher Bau” und “Beispiel schlechtester Art neugotischer Bemühungen” bezeichnet und Ende 1939 abgetragen.

Hingegen die  Geschichte des Hofgutes Goldstein bei Frankfurt, das Nikolaus Felix von Luckner erbte:

Nach dem Tode ihrer Schwester Amalie Wilhelmine (Minna) und dem Selbstmord von deren erstem Mann, Wilhelm von Luckner, nahm Louise Gräfin von Bose deren Sohn Felix, ihren Lieblingsneffen,  bei sich auf. Nikolaus Alfred Felix blieb bis zu seiner Volljährigkeit in der Obhut seiner Tante in Baden-Baden und erbte nach deren Tod im Jahr 1883 ein beträchtliches Vermögen, Zinsen aus deren Stiftungen,  sowie das Hofgut Goldstein bei Frankfurt/Main, das Emilie Gräfin von Reichenbach-Lessonitz 1840 erworben hatte.

Nach Emilies Tod (1843) hatten  ihre Kinder Louise (von Bose)  und Wilhelm je zur Hälfte das Gut geerbt und teilten sich die Einkünfte. Nach ihrer Heirat mit Geheimrat Reichsgraf Carl August von Bose 1845 zahlte Louise aber ihren Bruder aus und ließ eine neue  Hofanlage erbauen. Dazu wurden die Wassergräben aufgefüllt und die Überreste der mittelalterlichen Bauten eingeebnet. Der erste großer Auftrag des berühmten Gartengestalters Siesmayers war  der angelegte englische Garten.  Der Entwurf wurde durch seinen Vater Philipp Siesmayer ausgeführt und besteht heute noch, wenn auch am Rand verkleinert.

Felix Graf Luckner – nun der Erbe des Hofgutes, zog es vor in  in Dresden zu leben und daher  Goldstein kaum nutzte, bot  es 1895 der Stadt Frankfurt für eine Million Goldmark (einschließlich 650 Morgen Acker und Wiesen) zum Kauf an. Der Magistrat lehnte damals jedoch ab.

 

 

Quelle:

Fritzsche, Werner: Aus der Familiengeschichte der Grafen von Luckner,

Dresden Juli 2010 und September 2014